Ist Soziale Verantwortung als Unternehmenskonzept ein Wettbewerbsfaktor auch im Mittelstand?

Dieser Frage gingen bei in einer Veranstaltung des Europäischen Instituts für Arbeitsbeziehungen e.V.(EIAB) aus Seeheim-Jugenheim in Zusammenarbeit mit der IHK Darmstadt die Referenten Lutz Michael Büchner und Heiko Herrmann vom EIAB nach. Der Verein beschäftigt sich bereits seit längerem schwerpunktmäßig mit der sozialen Verantwortung von Unternehmen des Mittelstandes. Dabei stehen die Sensibilisierung für und die Information über das Thema sowie der Erfahrungsaustausch zwischen europäischen mittelständischen Unternehmen im Mittelpunkt. Mit der Veranstaltung sollte eine Plattform geschaffen werden, auf der südhessische mittelständische Unternehmer von Experten Informationen über die Thematik, insbesondere auch hinsichtlich ihrer europäischen Dimension erhalten und mit ihnen über die Schaffung eines Unternehmenskonzeptes sozialer Verantwortung ins Gespräch kommen.

Hat die „Wirtschaft“, haben die „Manager“ versagt? Haben die Unternehmen, die Unternehmer verkannt, dass sie nicht lediglich eine betriebswirtschaftliche Verantwortung für den Gewinn und den Wert ihres Unternehmens sondern auch eine Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern, der Umwelt und der Gesellschaft tragen?

Neben den großen, insbesondere multinationalen Unternehmen, die seit langem auf Druck des Kapitalmarktes große Anstrengungen machen, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) nachzukommen und sie als Wertefaktor erkannt haben, sind mittlerweile zunehmend die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) gefordert, sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu werden. Immerhin leisten sie den größten Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt und stellen die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung. Sie sind Teil der Wertschöpfungskette und spielen damit als Lieferanten der Großunternehmen eine entscheidende Rolle. Nicht erst mit Beginn der momentanen Krise ist die Wirtschaft aufgerufen, sich einer gesellschaftlichen Verantwortung für das System der sozialen Marktwirtschaft zu stellen. Die europäische Definition lautet: „Soziale Verantwortung der Unternehmen ist das Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Tätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den so genannten Stakeholdern (alle am unternehmerischen Handeln Beteiligten) zu bringen“. Allein gesetzeskonformes Handeln entspricht der Zielsetzung von CSR noch nicht, vielmehr gilt das „best-practice Prinzip“. Nachhaltigkeit bedeutet hier „dass wirtschaftliches Wachstum, sozialer Zusammenhalt und Schutz der Umwelt Hand in Hand gehen, um eine Gesellschaft, die wohlhabender und gerechter ist und eine Umwelt zu schaffen, die sauberer, sicherer und gesünder ist – eine Gesellschaft also, die mehr Lebensqualität erzeugt für uns, unsere Kinder und Kindeskinder“.

Es wird immer deutlicher, dass die soziale Verantwortung von Unternehmen jeder Größe sehr wohl auch ein Wettbewerbsfaktor ist. So sucht der Konsument „faire“ Produkte, der Arbeitnehmer den „guten“ Arbeitgeber und die Gesellschaft das „umweltfreundliche“ und „sozial engagierte“ Unternehmen. Einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie im Jahre 2007 zufolge, hat nahezu die Hälfte aller KMU von CSR noch 2 nichts gehört bzw. hat sich noch nie mit der Problematik auseinandergesetzt. Allerdings erkennt zwei Drittel der Befragten, dass das Thema für sie in Zukunft immer wichtiger sein wird. Andererseits ist ein großes Engagement der Unternehmen in den Bereichen Mitarbeiter, Umwelt und Gesellschaft zu verzeichnen, das von diesen aber nicht unter den Begriff CSR subsumiert wird.

Vor welchen Herausforderungen die Unternehmen stehen und wie ihre soziale Verantwortung in die Unternehmensstrategie eingebunden und zu einem Wettbewerbsvorteil im Markt führt, wurde in dem Vortrag vorgestellt und mit Beispielen aus der Praxis verdeutlicht. Dabei wurde großer Wert auf die Aussage gelegt, dass es sich bei vielen „sozialen, nachhaltigen, gesellschaftlichen Aktivitäten“ als solche des CSR-Ansatzes handelt, dass aber entscheidend ist, diese Einzelaspekte zu einem „strategischen Gesamtkonzept der Unternehmensführung“ zu entwickeln, weil nur so das unternehmerische Engagement zu einem Wettbewerbsfaktor werden kann.

In einer lebhaften Diskussion mit und zwischen den Teilnehmern der Veranstaltung wurden insbesondere die Handlungsfelder von CSR die Mitarbeiter betreffend diskutiert. So betonte z.B. ein Vertreter der Fa. Friedrich Sanner aus Bensheim-Auerbach, dass die Berücksichtigung der Mitarbeiterinteressen (interne Dimension) eine entscheidende Rolle für den Unternehmenserfolg darstelle. Personalentwicklungs- und Weiterbildungskonzepte, attraktive Arbeitsbedingungen, nachhaltiges Altersmanagement, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Attraktivität als Arbeitgeber bei zunehmenden Fachkräftemangel u.v.a.m. müssen in ein Gesamtkonzept gebündelt werden. Der Dialog mit dem Kunden (externe Dimension) spielt unter Qualitätsgesichtspunkten zunehmend eine wichtige Rolle.

Das Prinzip „tue Gutes gegenüber der Gesellschaft, sprich darüber und erhöhe damit allein dein Image“ (wie die Vertreterin einer PR-Agentur ausführte) ist wichtig, reicht aber bei weitem nicht mehr. Es wird wesentlich erweitert von dem Grundsatz „entwickle ein strategisches Gesamtkonzept der Unternehmensführung um einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu erzielen“!

Die Veranstaltung hat gezeigt, dass viele praktische Fragen offen sind, dass die Umsetzung des Konzeptes schwierig ist und dass ein gewaltiger Handlungsbedarf besteht, um CSR zu einem zukunftsweisendes Geschäftsmodell zu entwickeln. Das EIAB beabsichtigt, zusammen mit der IHK Darmstadt im nächsten Jahr das Thema weiter zu vertiefen, sei es durch weitere Informationsveranstaltungen oder schriftliche Beiträge.


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