Mit „Ganama“ zum bewussteren Wirtschaften

Presseveröffentlichung im „Darmstädter Echo“ vom 25. August 2012

workshop – In einem Seminar werden 18 Unternehmer aus der Region zum Nachhaltigkeitsbeauftragten ausgebildet

DARMSTADT. Was haben Wirtschaftsprüfer, Schreiner und Tanzlehrer gemeinsam? Sie alle bestreiten ab Ende August einen Workshop zum Thema Nachhaltigkeit in kleinen und mittleren Unternehmen. Als Nachhaltigkeitsbeauftragte sollen sie das Gelernte dann in ihre Firmen tragen.

Lutz Büchner lächelt zufrieden. Gerade ist auch der letzte Teilnehmer seines Nachhaltigkeits-Workshops im Seminarraum der IHK Darmstadt eingetroffen. Nun tummeln sich Wirtschaftsprüfer, Schreiner, eine Tanzlehrerin, eine Soziologin und mehrere Steuerberater in dem Raum. Eine äußerst bunte Mischung, findet auch Büchner, schüttelt noch ein paar Hände und beginnt mit seiner Einführung in das Thema.Bereits zum zweiten Mal organisiert der Professor für Recht an der Hochschule für Telekommunikation in Leipzig mit dem Europäischen Institut für Arbeitsbeziehungen (EIAB) diese Weiterbildungsmaßnahme für Angestellte von Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Finanziert wird der Kurs über den Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Mitteln des hessischen Wirtschaftsministeriums. Für die Teilnehmer ist er daher kostenlos. Aber nicht nur deshalb sei der Andrang schon bei der ersten Runde von Februar bis Juni groß gewesen, erklärt Büchner. „Das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde und auch die Unternehmen interessieren sich zunehmend für das, was mal Corporate Social Responsibility genannt wurde. Vielleicht konnten wir daher dieses Mal noch eins draufsetzen und insgesamt 18 Teilnehmer mit an Bord nehmen“.Außerdem hätten er und sein Team von sechs Referenten die Inhalte nochmals überarbeitet und angepasst. Dabei profitierten die Referenten auch von den Anregungen der Teilnehmer.Vor diesen liegen an diesem Nachmittag nun nicht nur dicke Aktenordner mit Kursmaterial, sondern auch 13 Einheiten zu den Themen Unternehmensstrategie, Unternehmenskultur, Qualitätsmanagement, Umweltschutz, Arbeitssicherheit sowie Einkauf und Logistik. Von Ende August bis in den Dezember sollen sie in rund 200 Stunden anhand von Vorträgen und Arbeitsmaterialien Vorschläge für eine sozialere und umweltfreundlichere Gestaltung ihres Unternehmens entwickeln.

„Besonders gut funktioniert das mit einem Fallbeispiel“, erklärt Büchner. Dafür habe er in einer schlaflosen Nacht extra die „Ganama GmbH“ (für „ganzheitliches nachhaltiges Management“) erdacht. Dabei handele es sich um einen fiktiven Hersteller von Sporttextilien aus Seeheim, der bei der Produktion auf die Behandlung mit Chemie verzichte. Anhand dieses Beispiels sollen die Teilnehmer lernen, was Nachhaltigkeit zum Beispiel in der Lieferkette bedeuten kann. „Häufig kennen die Händler ihre Lieferanten, aber nicht ihre Vorlieferanten und deren Fertigungsbedingungen“, erläutert Ruth Melzer-Ridinger, die als Referentin das Modul zu Einkauf und Logistik leiten wird. „Für eine ausgeglichene Ökobilanz ist gerade dieser Aspekt aber enorm wichtig“.Neben ökologischen Themen geht es beim Workshop aber auch um die soziale Komponente von Nachhaltigkeit. So wird Referent Michael Theiß-Rau die Teilnehmer etwa zur Teamentwicklung und den psychologischen Prozessen zwischen einzelnen Mitarbeitern schulen. Frieder Schmitz gibt darüber hinaus Tipps zur Work-Life-Balance, zur partizipativen Unternehmensführung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Obwohl viele der Anwesenden, wie sie in einer Vorstellungsrunde berichten, in ihren Unternehmen bereits mit dem Thema Nachhaltigkeit zu tun haben, möchten sie gerne genauer wissen, wie sich soziale und ökologische Verbesserungen umsetzen lassen. Kursteilnehmer Karl von Kolbe etwa ist Schreinermeister. In der Nähe von Wiesbaden führt er einen Schreinerbetrieb mit zehn Mitarbeitern. Gemeinsam richten sie ganze Häuser ein. „Die dafür verwendeten Holzwerkstoffe beziehen wir zum Teil auch aus regionaler Forstwirtschaft“, erzählt der Seeheimer. Trotzdem möchte er wissen, mit welchen Maßnahmen er den eingeschlagenen Weg vielleicht noch besser gehen kann. Für Katja Scheffler ist das Thema dagegen gänzlich neu. Im Gegensatz zu von Kolbe interessiert sich die Geschäftsführerin der Tanzschule Stroh in Eberstadt weniger für die ökologische Komponente als mehr für die sozialen Aspekte des Nachhaltigskeitsgedankens. „Mir geht es darum, von hier etwas über Mitarbeiterführung zu lernen“. Auf die Frage, ob es schon praktische Erfahrungen der letzten Kursteilnehmer mit dem Gelernten gibt, lächelt Büchner wieder. „Ein Handwerker, der teilgenommen hat, erzählte mir, dass er bei seiner Bank einen Kredit aufnehmen wollte. Als die hörten, dass er an einem Nachhaltigkeitsseminar mitgemacht hat, haben sie ihn bei der Kreditwürdigkeit sofort einen Platz nach oben gestuft.“