Der Erderschöpfungstag 2024

Autor: Prof. Dr. Lutz Büchner

„Die Menschen müssen begreifen, dass sie das gefährlichste Ungeziefer sind, das je die Erde bevölkert hat“ (Friedensreich Hundertwasser)

Die Erde leidet an homo sapiens (Joachim Wille, Frankfurter Rundschau vom 1.8.2024)

Alle Jahre wieder! In diesem Jahr fällt der weltweite Erderschöpfungstag (engl. Earth Overshoot Day) auf den 1. August, ist also gegenüber dem Vorjahr (2. August) relativ konstant geblieben – und das trotz steigender Weltbevölkerung. Ob das ein gutes Zeichen ist bleibt abzuwarten. Auch in Deutschland ist der Tag, an dem wir “auf Pump“ der Erde leben mit dem 2.5. relativ unverändert. Darauf in jedem Jahr erneut darauf aufmerksam zu machen ist uns wichtig.

Die Berechnung erfolgt durch eine Gegenüberstellung der auf der Erde verfügbaren Nutzfläche und der benötigten Nutzfläche für unseren Verbrauch. Die Daten werden durch Hochrechnungen und Schätzungen ermittelt. Auch wenn an den Detailergebnissen Zweifel angesagt sein könnten, so bleibt doch festzuhalten, dass die Menschheit seit Anfang August auf Pump lebt. d.h. die Menschheit verbraucht definitiv mehr natürliche Ressourcen, als ihr der Planetbinnen eines Jahres statistisch zur Verfügung stellt. Weltweit leben wir so, als hätten wir 1,7 Erden zur Verfügung! Lebte die Menschheit wie in Europa bräuchten wir sogar mehr als 3, lebten wir wie die Amerikaner bräuchten wir mehr als 5 Erden. Lebten wir wie die Chinesen bräuchten wir 2 Erden, lebten wir alle wie die Inder (immerhin das bevölkerungsreichste Land der Erde), kämen wir in etwa mit einer Erde aus.

Die Schätzung wird jährlich vom „Global Footprint Network“, einer Denkfabrik in den USA, erhoben, die auch die nationalen Überlastungstage veröffentlicht. Der 2.5. inDeutschland bedeutet eher einen Mittelplatz. In Katar und Luxemburg wird dieser zweifelhafte Tag bereits im Februar, in den USA im März begangen. In Indonesien dagegen ist der Tag erst im Dezember, wie es in Deutschland vor 50 Jahren war.

Auf Grundlage der Biokapazität spielen bei der Berechnung der ökologische Fußabdruck und die Fähigkeiten der Erde Dinge zu produzieren und unsere Abfallprodukte aufzunehmen eine wesentliche Rolle. Es wird berechnet zum einen, was die Natur ohne Verluste im Jahr produzieren und absorbieren kann, zum anderen aber vor allem um den Verbrauch von Rohstoffen, um Trinkwasser und Nahrungsmittel. Auch Sand spielt dabei aktuell eine wichtige Rolle. Dem wird zum anderen gegenübergestellt, was die Menschen mit ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise verbrauchen. Dazu gehört der von uns verursachte Müll und die nicht abnehmenden CO2-Emissionen. So kommt der Tag zustande, an dem die natürlichen Ressourcen für dieses Jahr verbraucht sind. Ein Großteil geht, wie gesagt, auf dieTreibhausgas-Emissionen zurück. Das führt zu einer schlechten Ökobilanz.

Diese Entwicklung ist besorgniserregend, nicht zuletzt auch aus der Verantwortung den nächsten Generationen gegenüber. Wir müssen in jeder Hinsicht umdenken. Die Klimakrise, der übermäßige Verbrauch der knappen Ressourcen wie Wasser, fruchtbare Böden und Sand sowieHolz sind ebenso Alarmzeichen wie der dramatische der Verlust der Artenvielfalt. Es ist eine Katastrophe, dass wirtschaftliche Gründe weltweit zu Uneinigkeit über den Umgang mit unseren Ressourcen führen und wir übereunsere Verhältnisse leben. Das liegt an instabilen politischen Verhältnissen in vielen Ländern, in denen Großkonzerne rücksichtslos Rohstoffe fördern, sei es illegal (wie Holz in Brasilien und Rumänien), sei es mit Billigung der Regierungen (wie Lithium für die Autoindustrie). Das liegt aber auch an Gier, Gedankenlosigkeit und Überheblichkeit.

Seit Jahren folgt eine Klimaschutzkonferenz auf die andere. An der weltweiten Umsetzung der ohnehin dürftigen Ergebnisse fehlt es. Dass wir eine Klimakrise haben,bestreiten heute nur noch Dummköpfe. Die Einsicht allerdings, dass „etwas“ getan werden muss, ist nur zum Teilausgeprägt. Das zeigt sich in der Vergabe von Lizenzen zur Gewinnung von Öl in Naturschutzgebieten in den USA. Immerhin hat das Europäische Parlament endlich ein Europäisches Naturschutzgesetz verabschiedet. Aber auchunser aller eigenes Verhalten, denke man nur daran, dass die Zahl von SUV und Swimmingpools ständig steigt und dass wir schon mal übers Wochenende nach Mallorca fliegen u.v.a.m.

Um den Erdüberlastungstag nach hinten zu verschieben bedarf es einiger Anstrengung. Die Bepreisung des Treibhausgases CO2 ist ein zentraler Punkt. Die Umgestaltung der Städte in sog. Smart Cities, in denen durch innovative Technologien Gebäude modernisiert werden, in denen energiesparende Transportmittel zum Einsatz kommen und in denen durch Digitalisierung Wege zur Nachhaltigkeit intensiviert werden. Dazu gehört aber auch, dass wir z.B. durch einen reduzierten Fleischkonsum, der u.a extrem wasserintensiv ist, und durch ein verbessertesMobilitätsverhalten etwas dazu beitragen, dass sich der Erderschöpfungstag nach hinten verschiebt.

Ein Weg von fossilen Geschäftsmodellen hin zur erneuerbaren Energie ist Erfolg versprechend. Zunehmend werden gesetzliche Maßnahmen gefordert, um den Ressourcenverbrauch deutlich zu verringern. Rahmenbedingungen für die Wiederverwendung von Elektrogeräten ist ein Beispiel hierfür. Zwar mag das national oder europäisch helfen, weltweite Verbesserungen sind derzeit aber leider nicht in Sicht. So lange Anteileigner kurzfristige Gewinnmaximierung fordern und Lobbyverbände Druck machen, ist der Weg ein dorniger.

Information und Sensibilisierung über die Situation verstehen wir, alle Jahre wieder als Bildungsauftrag, den allerdings auch die Weltgemeinschaft zu erfüllen hat. Schließlich haben wir nur die eine Erde!