Afrika und die Nachhaltigkeit – Kolumne

Afrika und die Nachhaltigkeit

Autor: Lutz Michael Büchner

„Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ (Afrikanisches Sprichwort)
Was gehört zur Nachhaltigkeit? Dazu gehören, neben anderen, keine Armut, null Hunger, sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, erschwingliche und saubere Energie sowie das Verantwortungsbewusstsein bei Produktion und Konsum. Das sind allesamt Ziele, die sich in den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN befinden.
Nach der Hälfte der Laufzeit der SDG (Sustainable Development Goals = Agenda 2030), sollte man sich mit der Umsetzung in den Entwicklungsländern im Allgemeinen und, wie hier, den meisten Ländern Afrikas beschäftigen. Die Verbesserungsprozesse stagnieren in vielen Bereichen. Das muss Ursachen haben. Afrika besteht aus 54 Staaten!, dort leben derzeit mehr als 1,3 Milliarden Menschen (1,7% der Weltbevölkerung), Tendenz stark steigend.
Nachhaltigkeit in Afrika kann nicht losgelöst von den Anstrengungen der westlichen Welt gesehen werden, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Schließlich sind viele Ursachen für die schlechte Situation auf Gründe, die außerhalb von Afrika liegen, zurückzuführen. Ein erster Grund ist das Klimadilemma: Dieser Erdteil ist nur für vier Prozent der Treibhausgase. verantwortlich. Vor allem die Industrie, dazu gehört auch die Lebensmittelindustrie, verursachen derart viel Treibhausgase, so dass sich die klimatischen Bedingungen in Afrika massiv verändert (verschlechtert) haben. Dürren, Überschwemmungen, unkontrollierbare Klimaphänomene, die größtenteils nicht hausgemacht sind, führen zur Verschlechterung der Lebenssituation.
Ein weiterer Grund für die Stagnation ist die Politik, insbesondere auch die Europäische Union. Im aktuellen und wegweisenden Abkommen zwischen der EU und der Afrikanischen Union werden zwar Solidarität, Sicherheit, Frieden und nachhaltiger Wohlstand postuliert. In vielen bilateralen und multilateralen Verträgen (Freihandelsabkommen) werden die Handelsbeziehungen geregelt, die allerdings von der ökonomischen Schwäche der Länder Afrikas geprägt sind. Es gibt in der EU keine Ausfuhrsubventionen für Lebensmittel in afrikanische Länder mehr. Diese können auch ihre Produkte zollfrei in die Länder der EU exportieren. Allerdings wird, das zeigt das Beispiel Ghana, durch Billigimporte (vor allem aus China) die lokale Tomatenindustrie verdrängt, obwohl der Anbau von Tomaten in Ghana ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, mit allen, auch soziale Folgen. Ein weites Hindernis sind bilaterale Steuerabkommen, von denen vor allem internationale Konzerne und die Staaten der Europäischen Union profitieren. Die Entwicklungs- und Schwellenländer dagegen sind meist die Verlierer. Eine diskutierte Öffnung der afrikanischen Märkte für europäischen zollfreie Importe könnte zu einer Konkurrenzsituation führen, was etliche Länder befürchten.
In Sachen Nachhaltigkeit befinden sich die Länder Afrikas momentan eher in einer Art Opferrolle. Der Klimawandel beeinträchtigt ihre Entwicklung. Den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem globalen Süden und dem Norden fehlt es an der notwendigen Balance. Auf der anderen Seite verfügt Afrika über enorme „Nachhaltigkeitspotentiale“: Es verfügt nicht nur über eine Unmenge von Bodenschätze wie Gold, Platin, Coltan, Uran u.a. Für die globale nachhaltige Entwicklung unerlässlich sind jetzt Mineralien, die für Batterien notwendig sind, wie vor allem Kobalt (70% der weltweiten Reserven liegen in Afrika), Kupfer und Lithium. Bringen es die Länder Afrikas fertig, nicht nur als reine Rohstofflieferanten zu dienen, sondern eine Verarbeitsungsindustrie aufzubauen, würde dies viele wirtschaftliche und soziale Probleme des Kontinents lösen können.
Daneben verfügt Afrika über sehr gute Quellen erneuerbarer Energien. Neben der intelligenten Nutzung der Sonnenenergie, macht es die Situation der Luftströme möglich, große Windkraftanlagen zu betreiben, die die Energieversorgung erheblich verbessern und die Abkehr von fossilen Energiequellen beschleunigen würde..

Schließlich kann die große Menge von Wind- und Solarenergie dazu führen, dass Afrika als Lieferant grünen Wasserstoffs in Frage kommt.
Fraglich ist allerdings die Rolle Afrikas als Akteur des globalen Kohlenstoff- Emissionshandels. Dabei geht es darum, dass Investoren Staaten Unmengen von Geld dafür zahlen, dass unberührte Regenwälder, die als CO2 Speicher dienen, unberührt bleiben. Dafür erhalten sie Kompensationszahlungen von Kohlenstoffsündern der Industrieländer. Diese Rolle sollten Entwicklungsländer nicht übernehmen. Zwar trägt dies vielleicht zur Rettung der Regenwälder bei, die erzielten Einnahmen unterliegen allerdings keinerlei Kontrolle. Sie tragen aber nicht zur Verbesserung der Nachhaltigkeitspotentiale und der Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung in Afrika bei. Zum Entkommen der klimatischen „Opferrolle“ ist dies auch kein Weg.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die gegenwärtige Situation Afrikas in Sachen Nachhaltigkeit eher kritisch zu betrachten ist. Nur wenn die Weltgemeinschaft, vor allem die Industrieländer –endlich – die Verantwortung für die Verbesserung der Situation übernehmen und die Nachhaltigkeitspotentiale des Kontinents – endlich – vernünftig genutzt werden, wird dies zu einer nachhaltigen Entwicklung Afrikas führen.