Veröffentlichung im „Darmstädter Echo“ vom 8. Juni 2012, S. 8
Weiterbildung – Ein Lehrgang verdeutlicht, dass nachhaltige Unternehmenskonzepte ein Wettbewerbsvorteil sind
Ein Unternehmen soll vor allem Gewinn erwirtschaften und möglichst seine Nachbarn nicht stören. Muss es aber auch „nachhaltig“ sein? Muss nicht, aber es lohnt sich, sagt Autor Frank Richter (42). Er ist stellvertretender Vorsitzender des Europäischen Instituts für Arbeitsbeziehungen e.V. und Direktor am Amtsgericht Dieburg.
Ein Unternehmen ohne Strategie gleicht einem Schiffskapitän ohne Kompass. Die Ausrichtung des Kurses verlangt ein ständiges Beachten des jeweiligen Marktes, der Mitarbeiter und des Unternehmensziels. Wer gut darin ist, wird als Unternehmer Erfolg haben. Doch sollte diesem Ziel nach Aussage der Europäischen Kommission nicht alles untergeordnet werden.
Klar: Wettbewerb ist ein Grundelement der sozialen Marktwirtschaft. Laut EU-Kommission führt ein rein wettbewerbsorientiertes Verhalten von Unternehmen in Europa jedoch zu unerwünschten Effekten. Wichtig sei daher ein Katalog von Grundwerten, der über das Ziel der Gewinnerzielung hinausreicht. Vollbeschäftigung, Umweltschutz, Integration älterer Arbeitnehmer und Arbeitssicherheit lassen sich demnach leichter in ganz Europa durchsetzen, wenn Nachhaltigkeit als unternehmerische Aufgabe von Schweden bis Griechenland verstanden wird. Unterstützend wirkt in diesem Zusammenhang das Europäische Institut für Arbeitsbeziehungen (EIAB). Der Verein fördert die Qualifizierung zum Nachhaltigkeitsbeauftragten. Ihre Hoffnungen setzt die Kommission dabei nicht primär auf die Konzerne, sondern zunächst auf mittelständische Unternehmen, also auf Betriebe mit bis zu 250 Mitarbeitern. Diese stellen das Rückgrat der Wirtschaft dar, von hier muss laut die Veränderung hin zu mehr Verantwortung von Unternehmen beginnen. „Global denken, lokal handeln“, lautet der Appell.
Während Konzerne oftmals nur bis zum nächsten Berichtsquartal denken und stets nervös den eigenen Börsenkurs verfolgen, herrscht im Mittelstand oftmals der Wunsch vor, das Unternehmen über Generationen hinweg im Markt zu erhalten. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, langfristige Unternehmenswerte zu schaffen. Im Idealfall spricht sich dieses Engagement herum, schlägt sich allgemein in einem guten Ruf nieder.
Angenehme Folge: Es wird leichter für den Unternehmer, gut ausgebildete Mitarbeiter zu gewinnen. Solche wiederum sind Voraussetzung dafür, Qualitätsprodukte liefern und somit auch anspruchsvolle Kunden zufriedenstellen zu können. Nachhaltigkeit, neudeutsch auch Corporate Social Responsibility (CSR) genannt, ist deshalb mehr als nur eine Beachtung des Umweltschutzes oder der Ressourcenschonung. Selbst bekannte Unternehmen wie Schlecker, Manroland oder Märklin haben diese Zusammenhänge nicht hinreichend beachtet oder erkannt. Ein Beispiel für nachhaltiges visionäres Denken ist dagegen die US-Firma Apple, die Produkte entwickelt hat, die der Markt nicht kannte und der Kunde eigentlich nicht brauchte – bis er sie in die Hände bekam.
Nachhaltigkeit: Gratis-Lehrgang
Das Europäische Institut für Arbeitsbeziehungen (EIAB) e.V. wurde vor etwa 20 Jahren gegründet, hierzulande hat der gemeinnützige Verein seinen Sitz in Alsbach. Wer neugierig geworden ist, kann sich auf der Website des EIAB unter www.eiab.de (oder Tel. 06257-505536) informieren. Das Land Hessen und der Europäische Sozialfonds fördern die Qualifizierungsmaßnahme zum Nachhaltigkeitsbeauftragten, für Teilnehmer ist sie kostenfrei. Der nächste Lehrgang beginnt im August.